Über die Lust zu malen
"Wenn ich auf meinen [...] Balkon trete [...] und auf das Ahornblatt sehe - da vorn -, dessen Gelb um einiges heller glüht als der aus purem Licht bestehende Herbst-morgenhimmel, wenn ich auf die riesige Wand der Bu-chen und Linden da drüben [...] gucke und mir aus aber-tausend Tautropfen abertausend hellste Sonnen ins Auge dringen, aufblitzend + verlöschend und wieder aufblitzend, weil mein Pulsschlag mich um ein winziges Weniges be-wegt und alles außer mir so still + klar ist, als hätte grad eben der große Glasbläser die Welt von seiner Pusteröhre abgenommen – wenn dann mein Blick [...] runter in den kleinen, blauverschatteten Garten fällt, auf die zerbroche-nen Hölzer einer alten Leiter, grau-schwarz-schimmel- und moosgrünfarben, die da eine Zeichnung nachahmen, die ich gestern am Tisch von einem ganz anderen Sujet gemacht habe – aus Tafelkreide, Graphit und 2 Grüns; wenn MEIN Auge auf diese zaghafte Weise in den Tag eintritt – dann, ja dann [...] !!
Aus: Horst Janssen, An und für mich, DTV, 1986
